Aktuelles

Zuzügler aus EU-Staaten haben von Beginn ihres Aufenthaltes an ein Anrecht auf Kindergeld

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg kippte in einem aktuellen Urteil die bisher in Deutschland geltende Regelung für EU-Zuzügler, was Kindergeldzahlungen betrifft (EuGH, AZ C-411/20, Urteil vom 1.8.2022).
Seither galt, dass Eltern aus anderen EU-Staaten, die sich in Deutschland niederlassen wollten, generell für die ersten drei Monate kein Kindergeld bekamen. Dies wurde so begründet, dass in dieser Zeit noch kein „inländisches Einkommen“ erzielt wurde.
Die Richter am EuGH sahen bei dieser Regelung aber den Grundsatz der Gleichbehandlung von Inländern und EU-Ausländern verletzt. Es reiche aus, dass der Plan bestünde, sich dauerhaft in Deutschland niederzulassen. Es dürfe aber kein vorübergehender Aufenthalt in Deutschland vorliegen, sondern die Antragsteller müssten in den ersten drei Monaten ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland haben. Generell sei Kindergeld keine Sozialhilfeleistung, sondern es solle ausgleichen, was eine Familie mit Kindern an Leistung erbringen muss.

Das Bundesfinanzministerium kündigte an, diese neue Regelung unverzüglich prüfen zu lassen, denn es dürfe nicht zu einer – so ein Regierungssprecher – „unangemessenen Inanspruchnahme des sozialen Systems in Deutschland“ kommen.


Reduzierter Preis bei Immobilienkauf muss auch den jetzigen Bewohnern gewährt werden

Der Bundesgerichtshof urteilte im Falle eines Immobilienkaufes zu Gunsten einer Käuferin, die die Wohnung aktuell bewohnte (VIII ZR 305/20, Urteil vom 23.02.2022).
Eine Eigentümerin entschloss sich, ihre Wohnung in Berlin zu verkaufen. Diese war vermietet. Der Kaufvertrag sah vor, dass die Wohnung – sollte sie jemand kaufen, der die aktuelle Mieterin weiter darin wohnen lassen würde – um 10% im Preis reduziert würde.
Die Mieterin nahm machte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und wollte die Wohnung selbst kaufen. Es kam zum Kaufabschluss. Die Käuferin überwies die Kaufsumme von etwa 163.000 Euro nur unter Vorbehalt und klagte parallel gegen die Verkäuferin. Sie forderte die 10% Preisnachlass, die jeder andere Käufer auch bekommen hätte, wenn er eine bewohnte Wohnung gekauft hätte. Die Käuferin bekam Recht! Für die Richter war klar, dass jemand, der das Vorkaufsrecht habe, Anspruch auf denselben Sonderpreis habe. Egal, ob er selbst aktuell Mieter ist. Eine Klausel im Kaufvertrag, wie sie hier vorläge, sei unwirksam. Der Immobilienkaufvertrag sei dennoch rechtsgültig zustande gekommen.
Die Verkäuferin musste ihrer ehemaligen Mieterin rund 16.300 Euro Nachlass gewähren.


Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall

Ein Unfallschaden an einem Fahrzeug muss auf Kosten des Unfallverursachers repariert werden – genau genommen auf Kosten seiner Kfz-Versicherung. Wenn allerdings eine solche Reparatur zum Anlass genommen wird, gleich auch noch andere Schäden am Fahrzeug beheben zu lassen, dann ist dies ein Täuschungsversuch und führt zum vollständigen Verlust des Rechtes auf Schadensersatz. So ein Urteil des Landgerichtes Frankenthal (AZ 1 O 4/20, Entscheidung vom 9. Juni 2021).

Was war geschehen? Ein Mann hatte beim Ausparken mit dem Heck seines Fahrzeuges das danebenstehende Fahrzeug leicht touchiert. Ein Gutachter schätzte den Schaden auf rund 5.000 Euro. Die Versicherung des Unfallverursachers akzeptierte diese Summe nicht, es kam zum Rechtsstreit. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger urteilte völlig anders: Die Schäden, die durch den aktuellen Unfall entstanden waren, seien wesentlich geringer. In die Forderung von 5.000 Euro war die Reparatur von Schäden an der Karosserie eingerechnet, die – wie man leicht nachweisen konnte – bereits vor dem Unfall bestanden hatten. Die Geschädigte hatte jedoch behauptet, das Auto habe keinerlei Vorschäden gehabt. Die Richter werteten dies als Täuschungsversuch mit dem Ergebnis, dass die Frau ihren Anspruch auf Schadensersatz vollständig verlor. Die Reparatur wurde nicht von der Versicherung des Unfallverursachers übernommen, sondern sie musste sie privat bezahlen.

Fälle aus dem Verkehrsrecht bearbeiten in unserer Kanzlei die Rechtsanwälte Herwig Reissmann und Hannes Künstle. Vereinbaren Sie gerne einen Termin!