Aktuelles

Nicht getestet – kein Lohn. Ist das erlaubt?

Wenn ein Betrieb ein eigenes Corona-Hygienekonzept erstellt hat und dieses beinhaltet, dass von den Mitarbeitern regelmäßig negative PCR-Tests vorgelegt werden müssen, dann darf der Lohn eines Arbeitnehmers einbehalten werden, wenn er sich nicht an diese Regeln hält.

So urteilte das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall (BAG, AZ 5 AZR 28/22, Urteil vom 1.6.2022).

Verhandelt wurde der Fall einer Flötistin an der Bayerischen Staatsoper. In dieser Institution galt die Regel, dass alle Mitglieder des Orchesters spätestens alle drei Wochen einen negativen PRC-Test vorlegen sollten. Der Test wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
Die Flötistin weigerte sich, was zur Folge hatte, dass sie von den Proben ausgeschlossen wurde und ihren Lohn nicht mehr bekam. Einige Zeit später testete sie sich doch – und wurde wieder ins Orchester aufgenommen. Sie klagte, denn sie fühlte sich in ihren Persönlichkeitsrechten eingeschränkt und wollte für die Zukunft vermeiden, sich testen zu müssen, wenn dies alleine vom Arbeitgeber und nicht vom Gesundheitsamt verordnet würde.

Die Klage wurde abgewiesen. Die Richter argumentierten, dass ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter schützen müsse und wenn dies beinhalte, regelmäßige Corona-Tests durchführen zu lassen, dann sei dies rechtmäßig. Der Arbeitgeber habe in diesem Fall ein Weisungsrecht, das befolgt werde müsse.

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Zuzügler aus EU-Staaten haben von Beginn ihres Aufenthaltes an ein Anrecht auf Kindergeld

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg kippte in einem aktuellen Urteil die bisher in Deutschland geltende Regelung für EU-Zuzügler, was Kindergeldzahlungen betrifft (EuGH, AZ C-411/20, Urteil vom 1.8.2022).
Seither galt, dass Eltern aus anderen EU-Staaten, die sich in Deutschland niederlassen wollten, generell für die ersten drei Monate kein Kindergeld bekamen. Dies wurde so begründet, dass in dieser Zeit noch kein „inländisches Einkommen“ erzielt wurde.
Die Richter am EuGH sahen bei dieser Regelung aber den Grundsatz der Gleichbehandlung von Inländern und EU-Ausländern verletzt. Es reiche aus, dass der Plan bestünde, sich dauerhaft in Deutschland niederzulassen. Es dürfe aber kein vorübergehender Aufenthalt in Deutschland vorliegen, sondern die Antragsteller müssten in den ersten drei Monaten ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland haben. Generell sei Kindergeld keine Sozialhilfeleistung, sondern es solle ausgleichen, was eine Familie mit Kindern an Leistung erbringen muss.

Das Bundesfinanzministerium kündigte an, diese neue Regelung unverzüglich prüfen zu lassen, denn es dürfe nicht zu einer – so ein Regierungssprecher – „unangemessenen Inanspruchnahme des sozialen Systems in Deutschland“ kommen.


Reduzierter Preis bei Immobilienkauf muss auch den jetzigen Bewohnern gewährt werden

Der Bundesgerichtshof urteilte im Falle eines Immobilienkaufes zu Gunsten einer Käuferin, die die Wohnung aktuell bewohnte (VIII ZR 305/20, Urteil vom 23.02.2022).
Eine Eigentümerin entschloss sich, ihre Wohnung in Berlin zu verkaufen. Diese war vermietet. Der Kaufvertrag sah vor, dass die Wohnung – sollte sie jemand kaufen, der die aktuelle Mieterin weiter darin wohnen lassen würde – um 10% im Preis reduziert würde.
Die Mieterin nahm machte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und wollte die Wohnung selbst kaufen. Es kam zum Kaufabschluss. Die Käuferin überwies die Kaufsumme von etwa 163.000 Euro nur unter Vorbehalt und klagte parallel gegen die Verkäuferin. Sie forderte die 10% Preisnachlass, die jeder andere Käufer auch bekommen hätte, wenn er eine bewohnte Wohnung gekauft hätte. Die Käuferin bekam Recht! Für die Richter war klar, dass jemand, der das Vorkaufsrecht habe, Anspruch auf denselben Sonderpreis habe. Egal, ob er selbst aktuell Mieter ist. Eine Klausel im Kaufvertrag, wie sie hier vorläge, sei unwirksam. Der Immobilienkaufvertrag sei dennoch rechtsgültig zustande gekommen.
Die Verkäuferin musste ihrer ehemaligen Mieterin rund 16.300 Euro Nachlass gewähren.