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Familienrecht: 15-Jährige darf selbst über Impfung bestimmen

Lehnt eine allein­sorge­berechtigte Mutter eine Covid-Impfung für ihr Kind ab, so kann das einen Sorge­rechts­missbrauch darstellen, der dem Kindeswohl zuwiderläuft. Ein solches Verhalten rechtfertigt es sogar, der Mutter die elterliche Sorge teilweise zu entziehen und einen Ergänzungspfleger anzuordnen. Das entschied das Oberlandesgericht Zweibrücken am  28.07.2022 (2 UF 37/22).

Der Hintergrund: Eine alleinerziehende Mutter einer 15-Jährigen ist auch allein sorgeberechtigt. Das Mädchen lebt auf eigenen Wunsch seit Februar 2020 nicht mehr bei der Mutter und möchte auch nicht in den mütterlichen Haushalt zurückkehren. Nachdem die Jugendliche seit längerer Zeit den Wunsch geäußert hatte, gegen Corona geimpft zu werden, die Mutter diese Impfung aber strikt ablehnte, hatte das Jugendamt ein Verfahren vor dem zuständigen Amtsgericht eingeleitet. Das Familiengericht Pirmasens entzog daraufhin der Mutter die elterliche Sorge – allerdings nur für den Teilbereich des Rechts zur Entscheidung über eine Covid-19 Impfung.

Dagegen legte die Mutter Beschwerde ein – ohne Erfolg. Die Begründung des Gerichts: Im Falle einer Kindeswohlgefährdung habe das Familiengericht diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Gefahrenabwehr erforderlich seien, wenn das alleinsorgeberechtigte Elternteil hierzu nicht gewillt oder in der Lage sei. Nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts bestünden weder Zweifel an der Eignung der Minderjährigen, die Tragweite der Impfentscheidung zu erfassen, noch an der Ernsthaftigkeit auch künftig jeglichen Kontakt zur Mutter abzulehnen.

Die strikte Ablehnung der Impfung seitens der Mutter wertete der Senat als einen nachhaltig ausgeübten Sorgerechtsmissbrauch. Die Covid-19 Impfung sei für die Minderjährige von erheblicher Bedeutung, dieser nachdrückliche Impfwunsch sei aufgrund des Alters des Kindes als Akt der Selbstbestimmung in besonderem Maße zu beachten.

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